GästebuchLesungenbu_7

Am 21. Mai 1942 wurde ich geboren. Ich kam als Nachzügler auf die Welt; meine Mutter war "schon" neununddreißig Jahre alt; mein Halbbruder bereits zweiundzwanzig und meine Schwester zwanzig Jahre älter als ich. Mein Vater erschoss sich zwei Monate vor meiner Geburt. Meine Mutter stammte aus reichem Hause, durfte keinen Beruf erlernen (so war das damals noch!) und hatte es sehr schwer, mich groß zu ziehen. Ich wuchs zusammen mit ihr und ihrer Schwester auf. Sie tat ihr Bestes, aber sie war schon eine harte Frau, und heute weiß ich, dass ich nicht die Liebe und Nähe bekommen habe, die ich so sehr gebraucht hätte. Immer schien man Ansprüche an mich zu haben, die ich nicht erfüllen konnte. Hätte man mich gelassen, hätte man mich von selbst kommen lassen und vor allem mir mehr Vertrauen geschenkt, dann hätte ich sicher mehr Selbstvertrauen entwickelt und in jeder Beziehung mit meinem Leben eine Menge mehr erreichen und anfangen können. Wahrscheinlich ist schon meine Mutter in vielem zu kurz gekommen; viel später habe ich gelernt, dass man immer nur das weitergeben kann, was man selbst erfahren hat. Alles Andere ist ein mühsamer Lernprozess.

Meine Familie:

Nach meiner Ausbildung zur Apothekenhelferin ging ich nach England als Au-pair-Mädchen. Fern von zu Hause, fern vom mütterlichen Einfluss hatte ich erstmals das Gefühl, dass ich mich frei entwickeln konnte und durfte. Und dann hat mir der Himmel dort meinen Mann geschickt (wir haben 1964 geheiratet, gingen ein Jahr später nach Deutschland; 1966 + 1969 wurden unsere beiden Töchter geboren; 2006 + 2008 unsere beiden Enkeltöchter von der jüngsten Tochter). Dieser Mann (er ist 8 Jahre älter als ich) hat so unendlich viel dazu beigetragen, dass mein Selbstbewusstsein und mein Selbstvertrauen wachsen konnten. Die "wahre" Anke  - die, die ich heute bin - hat sich erst im Laufe vieler Jahre Therapie entwickeln können. Heute lebe ich sehr nach dem Motto, mit dem mich mein lieber Mann Bill vertraut gemacht hat: "Ich bin hier, um anderen Menschen zu helfen!" Allerdings wollen wir uns selbstverständlich auch weiterhin selbst helfen und selbst lernen. Ich sage immer, wenn man aufhört lernen zu wollen, dann ist das Leben vorbei.

Anke Taylor

 

 

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